Einheitliches Zertifikat – unterschiedliche Massnahmen
Die Zahl der Energiestädte steigt weiter an: Dank sechs Neuzertifizierung tragen mittlerweile 447 Gemeinden oder Gemeindeverbünde in der Schweiz das begehrte Label. Der Weg zur Zertifizierung ist für alle gleich lang gewesen – hat sich aber ganz unterschiedlich gestaltet.
Das Label «Energiestadt» zertifiziert Gemeinden und Gemeindeverbünde, die sich kontinuierlich für die effiziente Nutzung von Energie, für Klimaschutz, erneuerbare Energien und umweltverträgliche Mobilität einsetzen. Weil die Entwicklung in diesen Bereichen rasant voranschreitet, ist die Zertifizierung befristet: Alle vier Jahre kontrolliert der Trägerverein Energiestadt, ob die Gemeinde oder der Gemeindeverbund die Vorgaben für die Auszeichnung noch erfüllt. Das Label Energiestadt ist also mehr als nur eine einmalige Auszeichnung, die man sich ans Ortsschild heften kann. Gemeinden, die sich um eine Zertifizierung bewerben, gehen eine Verpflichtung ein, die ihre energiepolitischen Entscheide auf Jahre hinaus prägen kann. Energiestädte zeigen deshalb, dass sie sich mit den hochgesteckten Energiezielen des Bundes identifizieren und gewillt sind, einen wichtigen Beitrag an die Energiewende zu leisten. Dass dieses Engagement ein Anliegen ist, das immer mehr Gemeinden wichtig ist, zeigt die ständig steigende Zahl von Energiestädten.
Viele Wege führen zur Energiestadt
Es gibt viele Wege, das Label Energiestadt zu erhalten. Denn statt einen festgelegten Katalog von Einzelbedingungen zu erfüllen, müssen interessierte Gemeinden ihr individuell berechnetes energiepolitisches Handlungspotenzial nutzen – zu mindestens 50i%. Wie sie das tun, bleibt ihnen überlassen. Die einen fördern das nachhaltige Bauen besonders stark, die anderen setzen vor allem auf Massnahmen bei der Mobilität. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Gemeinden keine für sie unpassenden Lösungen übernehmen müssen, nur weil es der Kriterienkatalog so vorsieht. Diese Individualität in der Beurteilung ist gerade im Hinblick auf die immer weiter fortscheitende Dezentralisierung der Energieproduktion wichtig und sinnvoll. Kleine Berggemeinden erhalten dadurch dieselbe Zertifizierungschance wie mittelländische Grossgemeinden – und der Weg zur Zertifizierung ist für beide zwar individuell verschieden, jedoch gleich weit.
Kleine und grosse Konzepte
Die touristisch geprägte Gemeinde Meiringen im Berner Oberland hat zum Beispiel vor zehn Jahren ein Leitbild erarbeitet. Die gesteckten Ziele raumgestalterischer, energetischer und sozialer Natur werden seither Schritt für Schritt angestrebt – zum Beispiel mit einem klugen Mobilitätskonzept für Verwaltungsangestellte und Verkehrsberuhigungen innerhalb der Gemeinde. Anders die fast gleich grosse Gemeinde Obfelden im Kanton Zürich. Das Knonaueramt ist eine stark wachsende Region, weshalb sich die Gemeinde seit Jahren in der Energieregion Knonaueramt engagiert. Dank einem vor zwei Jahren beschlossenen Energieleitbild strebt die Gemeinde nun konsequent die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft an und hat Möglichkeiten erarbeitet, den Weg dorthin jederzeit zuverlässig zu kontrollieren.
Kleine Gemeinden, grosser Einsatz
Mit ihren rund 1800 Einwohnern beweist die Tessiner Gemeinde Sorengo am Luganersee, dass es nicht auf die Grösse ankommt, um einen gewichtigen Beitrag an die Schweizer Energiezukunft leisten zu können. Die Gemeinde bereitet sich seit sieben Jahren auf die Zertifizierung als Energiestadt vor und hat in dieser Zeit Grosses geleistet und unter anderem die öffentliche Beleuchtung komplett auf energieeffiziente Leuchtmittel umgestellt. Noch kleiner ist die westlich von Locarno gelegene Gemeinde Cevio. Sie setzt sich dafür ein, die Lebensqualität der Einwohner zu verbessern, indem Umweltschutz, wirtschaftliche Effizienz und soziale Gerechtigkeit zu einem stimmigen Gesamtkonzept vereint und umgesetzt werden.
Gebäude und Mobilität
Die Gemeinde Saint-Prex am Genfersee konzentriert sich auf die Erhaltung und Sanierung des Gebäudeparks. Dabei geht es jedoch nicht allein um energetische Dimensionen: Die Gemeinde sieht es auch als eine soziale Verpflichtung an, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen – zum Beispiel für junge Menschen –, um Abwanderung zu vermeiden. Die erst 2011 entstandene Fusionsgemeinde Mont-Noble im Kanton Wallis verfügt über ein starkes Mobilitätskonzept: Langsamverkehrszonen, Grundversorgungs- und Logistiksysteme für die Dörfer der Gemeinde und die Unterstützung lokaler Unternehmen, um die Wege kurz zu halten, verzahnen sich zu einem tragfähigen Konzept.
6 neue, 14 bestätigte Energiestädte
An der Labelkommissionssitzung am 18. Juni zeichnete der Trägerverein sechs neue Energiestädte aus allen Sprachregionen aus: in der deutschsprachigen Schweiz Meiringen (BE) und Obfelden (ZH), im französischsprachigen Landesteil Mont-Noble (VS) und Saint-Prex (VD) und in der italienischen Schweiz Cevio (TI) und Sorengo (TI).
Damit gibt es jetzt schweizweit 447 Energiestädte. Vierzehn Gemeinden aus allen Landesteilen wurden rezertifiziert. Sie erfüllten die Anforderungen an das Label Energiestadt immer noch und konnten ihre Performance in vielen Fällen gegenüber den Vorjahren noch verbessern.
Neue und bestätigte Energiestädte, Juni 2019
Neue Energiestädte
- TI: Cevio (57%)
- BE: Meiringen (58%)
- VS: Mont-Noble 55%)
- ZH: Obfelden (55%)
- VD: Saint-Prex (59%)
- TI: Sorengo (53%)
Bestätigte Energiestädte
- BE: Interlaken (66%)
- FR: Broc (68%)
- GE: Anières (62%)
- GE: Thônex (64%)
- SG: Uzwil (78%)
- SG: Wartau (68)
- SZ: Freienbach (72%)
- SZ: Küssnacht am Rigi (74%)
- TG: Aadorf (70%)
- VD: Ecublens (66%)
- VD: Prangins (62%)
- TG: Eschlikon (76%)
- VS: Collombey-Muraz (70%)
- ZH: Gossau (58%)